Einmal Plug-In Hybrid reicht mir

Wie in meinem ersten Post bereits erwähnt, bin ich sehr technik- und auch insbesondere autobegeistert. Während meiner Promotion habe ich mich intensiv mit den verschiedenen Antriebsformen auseinander gesetzt. In diesem Post möchte ich das Thema der Plug-In Hybride einmal genauer beleuchten und meine Erfahrungen teilen. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass ich nur für meinen BMW 330e sprechen kann. Vieles davon trifft aber auch auf andere Plug-In Hybride zu.

Einordnung des Konzepts

Vorweg eine kurze Einordnung des Konzepts. Ein Plug-In Hybrid besitzt neben einem Verbrennungsmotor auch einen elektrifizierten Antriebsstrang, mit dem das Fahrzeug auch einige Kilometer rein elektrisch zurücklegen kann (ca. 50 bis zu 100 km bei aktuellen Modellen). Strategisch betrachtet waren Plug-In Hybride damals für die Erfüllung der CO2 Grenzwerte der Autohersteller sehr beliebt. Denn sie verbrauchen im Testzyklus meist weniger als 2 Liter auf 100 km und waren dabei aber einfach an den Kunden zu bringen im Gegensatz zu reinen E-Autos. Zudem gab es viele steuerliche Anreize (0,5 % Dienstwagen Versteuerung), sowie Kaufprämien (Umweltbonus bis zu 3.750 €). Leider wurde insbesondere bei den Dienstwagen nicht kontrolliert, ob die Fahrer die Wagen auch laden. Und so fuhren und fahren immer noch viele ihre Batterie eher spazieren. Auch wenn der Plug-In Hybrid als Dienstwagen also eher kontraproduktiv war, so hat das Konzept durchaus seine Daseinsberechtigung.

Persönliche Gründe für das Auto

Für mich ganz persönlich gesprochen stand für 2021 die Entscheidung über ein neues Auto an. Davor hatte ich einen “normalen” Verbrenner mit einer Start-Stop Automatik als höchstes Gefühl der Hybridisierung. Ich wohnte damals in der Innenstadt ohne eigene Garage oder Lademöglichkeit. Weiterhin gab es 2021 nur recht wenige E-Autos, die keine SUVs waren. Gleichzeit wollte ich schon einmal erste Erfahrungen mit der Elektromobilität sammeln und wenigstens schon einmal mit den Fußzehen das Wasser berühren. Daher entschied ich mich für einen Plug-In Hybriden, nachdem ich geschaut hatte, wie ich bei mir öffentlich laden kann. Nach jetzt knapp 2 Jahren, möchte ich meine Erfahrungen teilen für alle, die auch in die Elektromobilität einsteigen wollen und über die Anschaffung eines Plug-In Hybriden nachdenken.

Fahren und das Auto

Grundsätzlich fährt sich der BMW 330e wie jeder andere 3er auch. Allerdings ist das zusätzliche Gewicht nicht von der Hand zu weisen. Dies merkt man insbesondere in Kurven und beim Bremsen. Der 330e Touring ist ein tolles und entspanntes Reiseauto. Gerade das elektrische Fahren bringt eine Ruhe mit sich. Auch auf längeren Strecken funktioniert der Wechsel zwischen dem Verbrennungs- und E-Motor problemlos und wird situativ gesteuert. Wenn man genau hinhört oder spürt, merkt man manchmal das Starten des Verbrennungsmotors. Im normalen Betriebs muss man allerdings schon in die Instrumentenkombi schauen, um zu sehen, welcher Modus aktiv ist. Dies funktioniert allerdings nur bei einer aktiven Zielführung wirklich gut. Ich selbst fahre sowieso immer mit Navi, und sei es nur für die Ankunftszeit. Für andere mag dies allerdings eine Umstellung sein. Die Ingenieure von BMW haben es dabei geschafft den Verbrauch so genau im Voraus zu bestimmen, dass man immer mit quasi leerem Akku ankommt. Dies ist vollkommen ok, wenn man am Ziel laden kann. Ansonsten muss man vorher alle Zwischenziele ins Navi speichern, damit das Fahrzeug die gesamte Route optimieren kann. Das ist leider ein kleiner Wermutstropfen, Gedanken lesen kann das Auto aber (noch) nicht.

Elektrisches Fahren

Der 330e hat einen 80 kW (~109 PS) Elektromotor und kann bis zu 140 km/h elektrisch fahren. Bei einen 2-Tonnen Auto darf man hier keine Wunder erwarten. Aber insbesondere in der Stadt beschleunigt er wirklich gut und lässt alle hinter sich (außer natürlich reine E-Autos). Das elektrische Fahren ist sehr angenehm und bringt eine Ruhe mit sich. Die Norm-Reichweite meines Wagen liegt bei 55 km. Diese habe ich im Sommer immer locker geschafft. Unter guten Bedingungen waren sogar über 60 km drin. Wie aber auch bei E-Autos ist die Reichweite stark von den Außentemperaturen abhängig. So sind im Winter teilweise dann nur noch 30 km das höchste der Gefühle. Dies sollte man bei der täglichen Strecke berücksichtigen.

Laden

Das Thema Laden ist natürlich immer so eine Sache. Wie eingangs erwähnt, habe ich keine Möglichkeit direkt Zuhause den Wagen zu laden. Ich bin also auf die öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen. Im Gegensatz zum E-Auto muss man sich auf langen Strecken keine Gedanken zum Laden unterwegs machen, dafür umso mehr um das laden am Zielort. Das Energiemanagement des Autos plant immer so, dass der Akku am Zielort leer ist. Um also den maximalen Nutzen zu haben, muss man immer laden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich einen guten Rhythmus gefunden. Auch die BMW Charging Card ist eine große Hilfe, weil es damit nie Probleme hab. Allerdings fallen hier im “Active”-Tarif Strafgebühren nach drei Stunden Ladezeit an, außer Nachts zwischen 21h und 8h. (Stand Juni 2023). Der 330e benötigt allerdings eher so 3,5 Stunden für einen vollen Akku. Also versuche ich meist den Wagen abends zu laden und bringe ihn dann zurück zum Parkplatz. Während viele andere abends noch mit dem Hund rausgehen, fahre und hole ich dann meist das Auto vom/zum Laden. Selbst bei 55 km Reichweite im Sommer geht der Akku schnell zuneige, sodass man durchaus eine gewisse Disziplin fürs Laden braucht. Hier wäre es natürlich sehr hilfreich, den Wagen einfach in der heimischen Garage anzustecken. In der gesamten Zeit hatte ich nur 1-2 Male echte Probleme mit den Ladesäulen. Viel häufiger war es der Fall, dass die Ladeplätze zugeparkt waren. Hier wäre ein konsequenteres Abschleppen wünschenswert.

Verbrauch

Direkt kausal zum Thema Laden ist auch der Verbrauch. Bevor ich mich für den 330e entschieden habe, wollte ich natürlich auch wissen, welcher Verbrauch mich denn so erwartet. Und ich war sehr überrascht über die Spannweite an Verbrauchswerten. Diese reichten von unter 1 Liter bis über 12 Liter auf 100 km. Die unbefriedigende Antwort meinerseits ist nun, dass auch genau diese Spannweite ohne Probleme möglich ist. Wenn ich den Wagen nie auflade und regelmäßig etwas zügiger unterwegs bin, dass sind Werte von über 10 Litern auf 100 km durchaus möglich. Auf der anderen Seite kann ich durch kurze Strecken und regelmäßiges Auflagen auch monatelang ohne einen Tropfen Benzin fahren. Um wenigstens etwas Licht ins Dunkle zu bringen sind hier meine Verbrauchswerte je nach Fahrten. Wenn der Wagen vollgeladen ist und man eine längere Strecke von über 500 km bei etwa 140 km/h fährt, ist ein Verbrauch von knapp 6,5 Litern auf 100 km realistisch. Bei kurzen Strecken zur Verwandtschaft schaffe ich im Sommer auch durchaus die 1,5 Liter auf 100 km, da das Fahrprofil dem Testzyklus sehr nahe kommt. Mein Langzeitverbrauch liegt aktuell bei etwa 6,1 Litern auf 100 km bei einem elektrischen Fahranteil von knapp 25 %. Da merkt man auch, dass die vielen Kilometer in der Stadt durch eine lange Strecke schnell relativiert werden können. Aber ich hoffe, das gibt einen Indikator, mit welchem Benzin-Verbrauch zu rechnen. Ich hatte damals sogar mit knapp 8 Litern auf 100 km gerechnet und wurde jetzt positiv überrascht.

Weitere Vorteile

Dank des E-Kennzeichens genießt man auch mit einem Plug-In Hybriden einige Vorteile. Dazu zählt zum Beispiel das kostenlose Parken in vielen Innenstädten. Und bei einem kurzen Besuch fahre ich gerne an eine Ladesäule, dann spart man sich die Parkgebühr und kann wieder aufladen. Ein weiteres nettes Feature ist die Klimatisierung des Wagens, sowohl im Sommer als auch im Winter. Über die myBMW App ist es möglich die Klimatisierung aus der Ferne oder zeitgesteuert zu starten. Diese läuft dann für knapp 30 Minuten. Das reicht vollkommen, um den Wagen im Sommer angenehm zu kühlen oder im Winter das Eis schmelzen zu lassen. Auch im Stau oder beim Parken kann die Klimaanlage ohne den Motor eingeschaltet bleiben.

Nachteile / Kritik

In den vorigen Abschnitten bin ich bereits auf einige unschöne Aspekte eingegangen. Insbesondere die Notwendigkeit einer aktiven Zielführung ist einer. Anscheinend geht auch BMW davon aus, dass man Zuhause laden kann und nicht noch 1 km zur nächsten Ladesäule fahren muss. Auch die recht geringe Reichweite im Winter und das langsame Laden (mit 3,7 kW) stören etwas. Mich persönlich hat der etwas kleinere Kofferraum (410 statt 500 Liter) beim Touring weniger gestört, die Ladekante bei umgeklappter Rückbank nervt aber durchaus. Bei geladenem Akku fährt sich das Wagen einwandfrei und kann auch beim Beschleunigen die volle Leistung abrufen. Das Bild wandelt sich allerdings, sobald der Akku leer ist. Dann ist der Verbrennungsmotor für das 2-Tonnen Auto leider etwas unterdimensioniert und das Auto versucht krafthaft den Akku über den Verbrenner aufzuladen, was den Verbrauch in die Höhe treibt. Weiterhin ist der Tank mit 40 Litern auch recht klein. Dies führt dann meist dazu, dass ich nach einer langen Tour den Wagen erst laden und dann tanken muss.

Mein Fazit

Der Plug-In Hybrid ist meiner Ansicht nach das vermutlich aufwendigste und gleichzeitig beeindruckendste Antriebskonzept, das es je gab und auch wahrscheinlich je geben wird. Ein vollständiger Antriebsstrang mit Verbrennungsmotor, samt integriertem Elektromotor und großer Batterie, die beide in Harmonie funktionieren. Das verdient wirklich ein großes Lob an alle Ingenieure. Nur leider ist das Konzept nicht für jeden geeignet. Meiner Meinung nach gehört eine heimische Wallbox zur Grundvoraussetzung. Auch wenn ich es mit der öffentlichen Ladeinfrastruktur schaffe, ist es alles andere als Ideal und erfordert hohe Disziplin. Es gab schon viele Abende, an denen ich lieber ins Bett gegangen wäre als noch eine Ladesäule für das Auto zu suchen. Wenn man ihn allerdings regelmäßig lädt, dann kann man auch wochenlang rein elektrisch unterwegs sein und Verbräuche von fast 2 Litern erzielen. Auch wenn ein Plug-In Hybrid verlockend klingt für alle, die die Elektromobilität ausprobieren wollen. Ehrlicherweise ist dann ein reines E-Auto deutlich angenehmer, da man sich nur um eine Energiequelle sorgen muss. Und mit dem Akku kann man dann auch größere Strecken zurücklegen ohne fast jeden Tag eine Ladesäule suchen zu müssen. Für mich steht daher fest: Das nächste Auto wird entweder ein reiner Verbrenner oder ein reines Elektroauto. Der Plug-In Hybrid ist für mich zu sehr ein Kompromiss als das beste auch zwei Welten.